Ursprung der Zahnradbahnen |
Im Jahre 1804 setzte Richard Threvithick seine erste Lokomotive auf der Förderbahn
von Merthyr nach Tydville in Gang. Da Steigungen, wenn auch keine bedeutenden,
vorkamen, so mußten nach der damaligen Ansicht der Maschinenbauer besondere
Vorkehrungen getroffen werden. Zwei Mittel sollten hierzu dienen. Einmal wurden die Räder nicht glatt, sondern gerippt ausgeführt, außerdem aber längs der Gußschienen Holzschwellen gelegt und in die Räder kräftige Eisennägel befestigt, welche bei der Abwicklung sich in das Holz eindrückten und dadurch ein Gleiten (Schleudern) der Räder verhinderten. Beide Mittel erwiesen sich jedoch allzu wirksam. Bedeutende Widerstände und rasche Abnutzung waren die Folge. |
Wie damals üblich, bestand das Gleis aus hölzernen Querschwellen und
gußeisernen Schienen. An die äußere Seite der einen Schiene waren
warzenförmige Zähne angegossen, in welche das seitlich angebrachte Zahntriebrad
eingriff. Den Antrieb lieferten zwei über dem Dampfkessel stehend angebrachte,
doppelt wirkende Zylinder. Von hier erfolgte die Kraftübertragung durch Schubstangen
auf zwei unter 90° zueinander gestellte Kurbeln. Auf den Kurbelachsen waren
Zahngetriebe aufgekeilt, welche in ein gemeinsames Übertragungsrad eingriffen; auf
der Achse des letzteren endlich war das eigentliche Zahnrad gelagert. Die ganze
Lokomotive wog nicht über 5 Tonnen, sie zog auf wagerechter Bahn 30 Kohlenwagen
von 94 Tonnen Gewicht mit 5 km Geschwindigkeit in der Stunde. Auf der stärksten
Steigung von 66 v.T. konnten bei gleicher Fahrgeschwindigkeit noch 15 Tonnen
befördert werden. Die Zugkraft betrug also rund 1500 kg. Daß dieser außerordentliche Fortschritt im Bau und im Betriebe der Eisenbahnen nicht schon damals weitere Anwendung gefunden, hat seinen Grund in der fast gleichzeitigen Entdeckung W. Blacketts bei Versuchen, die auf der Bahn von Wylam angestellt wurden. Debei zeigte sich nämlich, daß sie allein, ohne Zahnstange und andere künstliche Mittel, genügt, eine bedeutende Zugkraft auszuüben, besonders dann, wenn mehrere Räder der Lokomotive zur Bewegung herangezogen, also das Gewicht des Motors möglichst vollständig ausgenutzt wird. Zu dieser Überzeugung war Blackett, oder richtiger dessen Grubenaufseher W. Hendley im Jahre 1814 gekommen. Damit war die Weiterentwicklung der Zahnradbahnen zunächst abgeschnitten. Die Ausführungen Murrays hielten sich aber so vorzüglich, daß nach zuverlässigen Aufzeichnungen die Middletoner Zahnradbahn noch im Jahre 1838 im Betriebe stand und nach Vervollkommungen verschiedener Art Züge bis zu 140 Tonnen auf wagerechter Strecke fortgeschafft wurden. |
Dagegen kam Roman Abt,
damals Konstrukteur der Maschinenfabrik Aarau, im Jahre 1877 unabhängig von
dieser Idee auf eine ganz gleiche Lösung und fand Gelegenheit, dieselbe für eine
kleine Steinbruchbahn in Laufen (Kanton Bern) auszuführen. |
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Diese Maschinen wurden von vier Triebachsen getragen, alle gekuppelt und
von einem Zylinderpaare angetrieben. Als gewöhnliche Reibungsmaschine arbeiteten
sie damit auf den wenig geneigten Strecken der Bahn, auf der Zahnstange aber wurde
der Dampf zur Erzeugung der Reibung abgestellt. Durch einen über dem Kessel, vor der
Fenerbüchse angebrachten Dampfzylinder wurde die Zahntriebachse mit dem Zahnrade
gesenkt und durch zwei weitere Dampfzylinder, die stehend über dem Langkessel
angebracht waren, ein Zahngetriebe in Bewegung gesetzt, das mit dem Zahnrade in
Eingriff stand und damit die Fortbewegung des Zuges auf der Zahnstange bewirkte.
Diese bestand aus Gußeisen und war in der Bahnachse auf einer hölzernen
Langschwelle angebracht. Die Lokomotive samt Tender wog 54 Tonnen. Probeweise
wurden damit Züge bis zu 170 Tonnen befördert. Die 2,145 km lange Steilrampe wurde
regelmäßig in 25 Minuten, also mit 5 km Geschwindigkeit in der Stunde
zurückgelegt. Bis zum Juli 1868 blieben diese Maschinen im Dienste. Dann wurden sie
wiederum durch Reibungsmaschinen von 50 Tonnen Reibungsgewicht und fünf
gekuppelten Achsen ersetzt. Dieselben beförderten für gewöhnlich außer dem
16 Tonnen schweren Tender einen Zug von 90 Tonnen mit 10 km
Geschwindigkeit. |
System Marsh |
Im Juni des Jahres 1858 endlich legte Silvester Marsh aus Chicago dem
gesetzgebenden Körper des Staates New-Hampshire das wohldurchdachte Modell
einer Zahnradlokomotive und einer Zahnstange vor, zur Ersteigung des
Mount Washington. Darin war die Zahnstange
ebenfalls in der Bahnachse und der Dampfkessel stehend angeordnet. Die verlangte
Genehmigung wurde auch erteilt, doch erst im Frühjahr 1866 waren die zum Baue
nötigen Mittel beisammen. |
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Örtliche Verhältnisse, namentlich ganz felsiges Gelände, dann auch die knapp
bemessenen Geldmittel drängten darauf, die Baukosten so niedrig wie möglich zu halten.
Die ganza Bahn wurde darum auf ein fortlaufendes Holzgerüst verlegt und gegen den
Felsen gut abgestütz. Über dem eigentlichen Gerüste befanden sich drei Langschwellen
aus Holz. Die beiden äußeren dienten zur Aufnahme der Laufschienen aus Bandeisen
von 12/50 mm Querschnitt, die mittlere zur Aufnahme der Zahnstange. Diese zeigte die
Grundform der seitherigen Leiterzahnstangen.. Sie bestand aus zwei Winkeleisen von
76/76/10 mm Querschnitt im Abstande von 118 mm. Dazwischen steckten die Zähne aus
38 mm dicken Rundeisen. Diese letzteren waren beiderseitig an ihren Enden vernietet.
Die Teilung betrug 100 mm, die Breite des Zahnstangefußes 270 mm, die der darunter
liegenden Langschwelle 204 mm. Die Winkeleisen- schenkel standen somit beiderseits um
33 mm über die Langschwelle vor und dienten zwei kleinen Rollen als Führung, die an
einem Gestelle der Maschine gelagert waren und ein allfälliges Aufsteigen des Zahnrades
verhüten sollten. Die Länge eines Zahnstangestückes war 3600 mm. Das gleiche Bestreben ausgesuchter Einfachkeit leitete den Entwurf der Lokomotiva, von Campbell und Whitier in Boston erbaut, welche noch im gleichen Jahre 1866 ihren Dienst begann. Der lotrechte Kessel war an zwei Drehzapfen aufgehängt. Die Maschine wurde von zwei Achsen getragen, von denen die hintere zugleich Zahntriebachse war. Die Bewegung folgte von einem Paar seitlich und außerhalb des Rahmens angebrachter Dampfzylinder aus. Durch zweimalige Übersetzung, also mit Hilfe von drei Vorgelegen, erfolgte der Antrieb der Zahnredachse. |
Diese Maschine wog bloß 4 Tonnen und
beförderte auf dem 1,5 km langen Bahnstück, welches im ersten Jahre vollendet wurde
und eine größte Steigung von 33 v.T. enthielt, eine Last von 5 Tonnen mit 4,5 km
Fahrgeschwindigkeit in der Stunde. Diese erste Maschine erwies sich bei allerdem doch als zu einfach gebaut; schon 1867 wurde darum an eine stärkere Bauart gedacht, deren Gewicht dann 6,5 Tonnen erreichte. Die allgemeine Anordnung mit stehendem Kessel aber wurde beibehalten, dagegen geschah die Kraftübertragung durch eine einzige Vorgelegewelle. Für die Talfahrt wurden die Dampszylinder als Luftbremsen eingerichtet, wie alle später gebauten Zahnradlokomotiven solche erhielten. Auch die Schienen aus Flacheisen erwiesen sich als zu schwach und wurden durch Breitfußschienen von 15 kg/m ersetzt. Am 14 August 1868 hatte Marsh 60 der ersten Eisenbautechniker Amerikas zu sich geladen und sie auf seiner Bahn befördert. Allseitig wurde ihm uneingeschränktes Lob gespendet. Im gleichen Jahre war auch die Bahn bis auf ein kurzes Stück unter dem Gipfel vollendet. Nachdem der kleine Rest im Frühjahr 1879 nachgeholt, wurde die ganze Bahn dem regelmäßigen Betriebe übergeben. Sie hat eine Länge von 4536 m, eine größte Steigung von 377 v.T., eine Spurweite von 1411 mm ohne jedes seitliche Spiel der Räder im Gleis. Die mittlere Steigung beträgt 241 v.T., der kleinste Bogenhalbmesser 150 m. Die Züge bestehen aus der Lokomotive und einem Personenwagen von 3 Tonnen Eigengewicht mit 50 Sitzplätzen, wobei die sämtlichen Bänke so angeordnet sind, daß alle Reisenden nach dem Tale schauen. |
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Im Jahre 1871 wurde eine dritte Lokomotive in Betrieb gesetzt, die sich, abgesehen von
Verbesserung in den Einzelheiten, von den früheren dadurch unterscheidet, daß
jede der beiden Achsen ein Zahntriebrad erhielt und je von einem eigenen Zylinderpaar
angetrieben wurde. Im Jahre 1875 endlich wurde auch der stehende Kessel durch einen
liegenden mit gewöhnlicher Anordnung ersetzt. Das Dienstgewicht dieser Maschinen
beträgt 12 Tonnen. Diese letzteren drei Maschinengattungen verdanken ihren Ursprung
Waler Aiken, Maschinen- meister der Mt. Washington-Bahn. |
© Eugeni Pont, 1998 |